30 Ağustos 2013 Cuma

Mohandas Karamchand Gandhi: Um Mitternacht Die Freiheit

Die Krone des Weltreichs sollte ihr strahlendstes Nach dreieinhalb Jahrhunderten englischer herrschaft würde Indien in Kürze frei werden - jedoch unter den tragischstrn ummständen denn seine grobe  und so gegensätzlichen (/'ngruppen standen an der Schwelle des Bürgerkriegs. die dornenvolle Aufgabe, Indien von England w lösen, la'stete schwer. zwei Männern, die verschiedener nicht hätten seinkönnen dem weltgewantden englischen Aristokraten und Kriegsherrn Louis Mountbatten und dem hinduistischen Asketen und volksführer Mohandas Karamchand Gandhi. In dieser ersten Folge unseres zweiteiligen Buchausz.ugs beschwören die Autoren eine Zeit herauf, die schon in die Geschichte entrückt ist,eine Epoche,an deren Ende diese beiden Männer alle Meinungsverschiedenheiten begruben und nur noch danach strebten, den Subkontinent vordem mörderischen Bruderkampf zu bewahren.



NEUJAHR 1947 . . . 

Ein Hauch von Melancholie hing wie ein Nebelschleier über London. 
Nur selten, ja vielleicht noch nie war 
Englands Hauptstadt in einer so trüben, so düsteren StiiTimung in ein neues Jahr gegangen. Die Straßen waren fast menschenleer. Die wenigen Passanten, die auf den Gehwegen dahineilten, trugen alte Uniformen oder Kleider, denen man deutlich ansah, daß sie seit fast acht Jahren immer wieder ausgebessert und geän dert worJcii waren. Ein beißender Geruch harb verkohlter trümmer der wie scliwerer Hcrbstdunst aus Tausenden zcrbombter Häuser aufstieg. 
Erst 17 Monate war es her, daß die 
Engländer aus deııı furchtbarsten 
Krieg der Geschichte siegreich hcrvorgegangen waren. Ihre Leistungen zumal ihre Standhaftigkcit ini Unglück — hatten ihnen eine Bewunderung eingetragen, wie die Welt sie ihnen noch nie gezollt hatte. Aber die  Kosten des Sieges hatten das unbezwingbare Land fast zu Boden gewerfen. Die Industrie war gelähmt, die Staatskassc nahezu leer. Überall schlössen Hütten und Fabriken. Tausende von Engländern waren arbeitslos. Das Wort, das auf den Schaufensterscheiben der Londoner Geschäfte am häufigsten prangte, war „Keine — „Keine Kartoffeln", „Keine Kohlen", „Keine Zigaretten", „Kein Fleisch'

Das Britische Weltreich, dieses 
sammelsurium von Territorien, Protektroten Kolonien und Dominions. wir in Jiesein l. Januar 1947 zwar noch weitgehend intakt, doch auch -iıs sollte sicil bald ändern. Das Zeitalter des Inıperialismus war zu Ende. -Mit dieser unabänderlichen geschichtSehen Tatsache hing es zusainmen, dab an dieseiu Neujahrsmorgen ein schwarzer Austin fast verstohlen duTch die menschenleeren Straßen der Hauptstadt glitt.

Der Wagen fuhr am Buckingham Palast vorbei bog in die Mall ein, Der einzige Fahrgast im Fond salı nachdenklich hinaus auf den imposanten Boulevard, der an seinen Äugen vorüberzog. Wie oft, ging es ihm durch den Kopf, hatte England auf dieser Prachtstraße seine imperialen Triumphe gefeiert!

Konteradmiral Louis Francis Albert Victor Nicholas Mountbatten, 
Viscount'of Burma, war ein man von 46 Jahren, schlank und über 1.80 meter grob. Seine Gesichtszüge waren von geradezu klassischer £benmäßigkeit, und das dichte, volle Haar über den dunklen Augen machte ihn gut fünf Jahre jünger, als er inWirklichkcit war.

Seit der Hcinikchr aus dem Krieg war Moııntbattcn oft in Downing 
Street 10 zu Kate gezogen worden. 
Meist ging es dabei um AngclcgcnIwitcn der Läncler, clic unter seine Befchlsgcwalt als Obcrkommandicrcnder der alliierten Strcitkräftc m Südostasicn gefallen waren. Bei scincni letzten Besuch hatten sich die Fragen Premierministcr Clement Attlees jedoch hauptsächlich auf Indien bezogen, ein Land, das nicht zu seinem Operationsgebiet gehört hatte. Der junge Admiral hatte plötzlich „ein sehr unangenehnies, höchst ungutes Gefühl" gehabt. Seine Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Attlee beabsichtigte, ihn zum Vizekönig von Indien zu ernennen.

Es war der wichtigste Posten im
ganzen Empire. In langer, unuiitcrbrochener Folge hatten Englander in diesem Amt die Geschicke ciiics Sechstels der Menschheit gelenkt. 
Mountbattcns Aufgabe würde jedoch nicht sein, Indien zu resicrcn. 
Sein Auftrag würde einer der schmerzlichsten sein, die eincı-ıı Englander übertragen werden konnten er sollte Indien aufgeben. 
Daß es für England an der Zeit sei. sich aus Indien zurückzuziehen, war auch Mountbattens Meinung, aber sein Herz rebellierte bei deni Gedanken, daß ausgerechnet er die uralten Bande zerschneiden sollte, die England mit dem stolzen Bollwerk seines Empire verknüpften. Um Attlee abzuschrecken, hatte er einen ganzen Katalog größerer und kleinerer Forderungen gesteüt. Sie reichten von der Zahl der Sekretäre, die ihm zugestanden werden müßten, bis zum Typ seines Dienstflugzeugs. Überdies hatte er uneingeschränkte Vollmachten verlangt, eine Bedingung, für die es keinen Präzedenzfall gab. Sehr zu seinem Leidwesen hatte" Attlee sich mit allem einverstanden erklärt. Als 
Mountbatten jetzt in den Kabinettssaal trat hoffte er jedoch noch immer, sich Attlees Planen irgendwie entziehen zu können.

Die Lage werde täglich ernster, begann der Premicrminister; man mysse eine rasche Entscheidung treffen. 
Er verwies auf die geschichtliche Paradoxie, die darin lag, daß England endlich bereit, Indien die Freiheit zu geben — keinen gangbaren Weg zu diesem Ziel finden konnte. Die 
Stunde, die Englands stolzeste in 
Indien hätte sein sollen, schien zu einem Alptraum von beispiclloscnı 
Entsetzen zu werden. Die Engländer 
hatten Indien, verglichen mit ändern 
Kolonien, verhältnismäßig unblutig erobert und regiert. Ihr Abzug drohte eine Explosion der Gewalt auszulösen, die alles in den Schatten stellte, was sie dort in dreieinhalb Jahrhunderten erlebt hatten. 
Die Wurzel des Problenis lag in 
dem alten Gegensatz zwischen den 
280 Millionen Hindus und den über

100 Millionen Moslems Indiens. Der 
durch die Tradition, den grundverschiedenen Charakter ihrer Reli gionen und wirtschaftliche Spannungen genährte Konflikt hatte den Siedepunlct erreiclit. Die Führer der indisehen Moslems verlangten jetzt, England solle die Einheit, die es mit soviel Mühe geschaffen hatte, zerstören und ihnen einen eigenen islaniischen 
Staat geben. Sollte ilinen dieser Staat verweigert werden, warnten sie, so werde das den blutigsten Bürgerkrieg in der Geschichte Asiens zur Folge 
haben. 

Die Führer der Kongreßpartei, hinter der die Mehrheit der indischen 
Hindus stand, widersetzten sich dieser Forderung auf das entschiedenste. 
In ihren Augen kam die Teilung des 
Subkontinents einer Verstümmelung ihrer geschichtlichen Heimat gleich und war damit fast ein Sakrileg.

So standen sich zwei unvereinbare 
Forderungen gegenüber — die Engländer befanden sich in einer Zwickmuhle. All ihre Versuche, das Problem zu lösen, waren gescheitert. 
Und jetzt steuerten England und Indien, wie Attlee dem Adniiral erHarte, auf eine Katastrophe zu. Es mußte etwas geschehen. Jeden Morgen traf in denı für das" Kaiserreich zuständigen India Office ein Stoß Depes en ein' die von blutigen Auseinandersetzungen in immer neuen ecken des Subkontinents berichteten. 
Es sei betonte Attle Mountbattens heilige Pflicht, den ihm angetragenen posten zu übernehmen.

Mit hängenden Schultern trat 
Mountbatten eine Stunde später wieder auf die Straße. Als er auf seinen Austin zuging, kam ihm ein eigentümlichcr Gedanke. Auf den Tag genau vor 70 Jahren, fast zur selben Stunde, war seine Urgroßmutter Königin Viktoria auf einer Ebene bei Delhi zur Kaiserin von Indien ausgerufen worden. 
Die aus diesem Anlaß versammelten indischen Fürsten hatten damals zum Himmel _ gefleht, die „Macht und Souveränität" der Monarchin möge immerdar unerschüttert bleiben Und nun, an diesem trüben Neujahrstag setzte einer ihrer Urenkel das Verfahren in gang das diesem immerdar ein ende setzen sollte.

Zum Herrschen geboren 

FÜNF kümmerliche Schillinge hatten England einst in das große koloniale Abenteuer geführt, das Louis Mounthatten jetzt abschließen sollte. Uni diesen Betrag nämlich hatten die liolländischen Freibeuter, die den Gewürzhandel kontrollierten, den Preis für ein Pfund Pfeffer erhöht. Am Nachınittag des 24. September 1599 versammelten sich 24 "aufgebrachte Londoner Handelsherren in einem baufälligen Haus en der" Leadenhall
street rund drei Kilometet von dem ort an dem Mountbatten und Attlee spater konferierten. Zweck der Zusammenkunft war die Gründung einer bescheidenen Handelsgesellshaft mit einem Anfangskapital von 72000 Pfund. Dahinter steckte schlichtes Gewinnstreben, sonst nichts. Das Unternehmen, das den 
Namen Ostindische Handelskoınpanie erhielt, sollte sich rasch ausdehnen und sich schließlich zur grandiosesten Schöpfung der imperialistisehen Epoche entwickeln: dem British Raj, der britischen Herrschaft in Indien.

Die Kompanie hatte auf Anhieb
Erfolg. Bald löschten an den Kais entlang der Themse alljälirlich mehrere schiffe Berge von Gewürzen, rere Gummi, Zucker, Rohseidc uiid Musselin aus Indien und liefen niit cnglisehen Erzeugnissen beladen wieder aus. Mit dem zuncliiiicndcn Umfang ihrer konııncrzicllcn Tätigkeit wurde die Konipanic zwangsläufig in die Lokalpolitik lıincingczogcn; uın den Handel zu sclıützcn, iiiußteii sich ihre 
Vertreter in die Streitigkeiten zwisehen den Kleinfürsten einmischen in deren Gebiet sie arbeiteten. Ein unaufhaltsamcr Prozeß hatte begonnen. 
An seinem Ende stand die fast unbeabsichtigte Eroberung Indiens durch die Engländer.

Nach einer blutigen Erhebung der 
Armee im Jahre 1857 wurde die Ehrenwerte Ostindische Handelskoıııpanic aufgelöst und die Verantwortung für das Schicksal von 300 Millionen Indern in die Hände einer 39 Jahre alten Frau, der Königin Viktoria, gelegt. Die Viktorianische Ära, die ohne das Indien-Abenteuer nicht denkbar ist, erreichte damit, ihren Höhepunkt. Ihr Weltbild wurde weithin durch einen Gedanken bestimmt, den ihr selbstemannter Poeta laurcatus, Ruclyard Kipling, häufig ausgesprochen hat: daß sich die Engianeler in einzigartiger Weise dafür eigneten, „geringere Rassen ohne Gesetz" zu beherrschen.

Das Indien dieser Engländer war 
das Indien der vornehmen Offiziere, 
die mit fcdcrgcschmückten Tschakos vor ihren turbantragendcn Sepoys 
hcrritten. Glanzvolle Bälle in der 
Sommerrcsidcnz Simla im Himalaja, 
Kricketkämpfc auf den gepflegten 
Rasenflächen des Bcngalischen Klubs von Kalkutta, Poloparticn auf den sonncnverbrannten Ebenen von Radschputana, Tigerjagden in Assam gaben ihm das Geprägc. Es war das Indien der jungen Männer, die sich mitten im Dschungel mit schwarzer Krawatte in cinem Zeit zum Dinner setzten und feierlich einen Toast auf den König und Kaiser ausbrachten, während in der Dunkelheit ringsum Schakale heulten; das Indien der Offiziere in scharlachroten Röcken, die die felsigen hohlwege des Chaiber-Passes oder im nordwestlichen Grenzgebiet bei Schneeregen ebenso wie bei unerträglicher Hitze aufständischc Pathanen verfolgten; 
das Indien einer ihrer Überlegenheit absolut sicheren Kaste, die auf den 
Veranden ihrer nur für Europäer zugänglichcn Klubs Champagner oder Whisky schlürfte. 

Diese Männer stammten durchweg aus Familien von untadeligem 
Stammbaum, aber weniger gefestigtem Wohlstand. Es waren Söhne wackerer anglikanischer Lanclpfarrer; begabte zweite Söhne Ses grundbesitzenden Adels, die das Erstgeburtsrecht vom väterlichen Erbe ausschloß; Söhne von Schulleitern, Gymnasialprofcssoren und KJeinadeligen. Auf den Sportplätzen und m den Klassenzimmern von Eton, Harrow, Rugby, Winchester und anderen exklusiven Public Schools erhielten sie die Schulung, die sie befähigte, einmal ein Weltreich zu regieren. „Indien", schrieb der Historiker James Mill im frühen 19. Jahrhundert, „war ein einziges großes Versorgungsinstitut für die englische OberSchicht.

Der Hauptzeitvertreıb für die Engländer in Indien war der Sport. Jede 
größere Stadt hatte ihre Jagd; die nötigen Hunde wurden aus der Heimat importiert. Das von der indisehen Aristokratie geschätzte Polospiel fand bei den Engländern solchen 
Anklang, daß sie es geradezu institutionalisierten. Aber die Engländer trieben in Indien durchaus nicht nur 
Sport; sie starben dort auch in großer Zahl, oft in jungen Jahren und unter tragischen Umständen. In jedem englischen Viertel, jeder englisehen Siedlung lag neben der ein Friedhof, auf dem die kleine Gememde die Unglücklichen begrub 
die dem mörderischen Klima 
Landes, seinen besonderen Gefahren seinen Malaria-, Cholera- unu 
Dschungelfîeberepidemien zum 
fer gefallen waren.

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